Deutsches Gericht entscheidet gegen die gemeinnützige Internet-Sicherheitsorganisation Quad9 in erster Anhörung gegen Sony Music Germany
Globale Internetfreiheit durch Urheberrechtsurteil gegen unbeteiligten DNS-Betreiber bedroht
Zürich, Schweiz 30. November 2021 - Das Landgericht Hamburg hat heute entschieden, dass es eine bestehende einstweilige Verfügung gegen Quad9 in einem Fall, der von Sony Music Germany eingereicht wurde, nicht aussetzen wird. In dem Verfahren geht es um die Forderung von Sony Music, dass die in Deutschland ansässigen Server von Quad9 keine DNS-Namen von Seiten Dritter mehr auflösen sollen, deren URLs angeblich Urheberrechtsverletzungen enthalten.
Quad9 reichte Anfang des Jahres einen Einspruch ein und beabsichtigt aufgrund dieses Urteils, den Einspruch gegen die einstweilige Verfügung vor einem höheren Gericht fortzusetzen und in Berufung zu gehen.
Es besteht keine Komponente der behaupteten Urheberrechtsverletzung, an der Quad9 indirekt beteiligt ist, noch befinden sich verletzende Daten auf den Servern von Quad9, noch steht Quad9 in irgendeiner geschäftlichen Beziehung zu der fraglichen Seite. Der Unterlassungsanspruch besteht lediglich darin, dass Quad9 durch die Möglichkeit für Endnutzer, im Rahmen seines DNS-Auflösungsdienstes Internetnamen auf IP-Adressen abzubilden, rechtlich verpflichtet ist, die Auflösung dieser Namen zu unterlassen, wenn dies von Parteien verlangt wird, die sich als Rechteinhaber ausgeben.
Quad9 wird die DNS-Sperrung für den in der einstweiligen Verfügung genannten Domain-Namen, der zu einer Webseite führt, die angeblich Links zu urheberrechtlich geschütztem Material anbietet, weiterhin durchführen.
„Wir sind enttäuscht, dass diese erste Anhörung mit einem Ergebnis endete, das unserer Meinung nach nicht mit den gesetzgeberischen Absichten der deutschen Regierung übereinstimmt“, sagt John Todd, General Manager von Quad9. „Es gibt eine erhebliche Anzahl von internetbasierten Diensten, die unserer Meinung nach durch diese Entscheidung ernsthaft gefährdet sind, und wir werden unsere rechtlichen Schritte gegen diese Verfügung nicht aufgeben. Wir lehnen die Entscheidung nicht nur in Bezug auf uns selbst ab, sondern auch in Bezug auf alle Endnutzer, Netzbetreiber, Softwareentwickler und Netzdienste, die unserer Meinung nach in einem viel breiteren Kontext von dieser Entscheidung betroffen sind.“
„Als gemeinnützige Organisation, deren Ziel es ist, die Privatsphäre, die Sicherheit und die Rechte der Endnutzer zu schützen, werden wir unseren juristischen Kampf gegen ein Ergebnis fortsetzen, das unserer Meinung nach den Kern der Fähigkeit des Internets als nützliches und vertrauenswürdiges Werkzeug für alle bedroht. Unternehmen sollten nicht die Möglichkeit haben, Betreiber von Netzinfrastrukturen direkt zur Zensur von Seiten aufzufordern.“ fuhr Todd fort.
Quad9 wird in seiner Verteidigung u.a. von der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF), dem eco Verband der Internetwirtschaft (eco.de) und der Stiftung Mercator Schweiz (stiftung-mercator.ch) unterstützt.
„Der Deutsche Bundestag hat die deutsche Betreiberhaftpflicht für Internetzugangsanbieter schon vor Jahren abgeschafft, um den Betrieb offener WLANs zu ermöglichen. Die Betreiber von rekursiven DNS-Resolvern einem rechtlichen Risiko auszusetzen, untergräbt die vom Gesetzgeber beabsichtigte Rechtssicherheit“, so GFF-Projektkoordinatorin Julia Reda.
„Diese Art von Urteilen wird wenig beachtet, bis es zu spät ist. Die Auswirkungen dieses Präzedenzfalls sind schwerwiegend und weitreichend, wenn nicht entschieden dagegen vorgegangen wird, und wir regen an, den Ausgang dieses Falles eingehend zu prüfen. Quad9 arbeitet zum Wohle der Endnutzer und nicht für kommerzielle Interessen, obwohl dieser Fall für viele Unternehmen ebenso schwerwiegende negative Auswirkungen hat wie für Einzelpersonen“, so Todd. „Wir sind dankbar für die Unterstützung, die wir bereits von unseren Nutzern erhalten haben, und wir freuen uns über jede finanzielle Unterstützung, die es uns ermöglicht, unsere Rechtsverteidigung weiter zu finanzieren. Wir sind der GFF, eco, der Stiftung Mercator Schweiz und anderen für ihren kontinuierlichen Support dankbar, aber wir müssen immer noch eine beträchtliche Summe für die Rechtsverteidigung aufbringen, die Teil des Prozesses gegen einen gut finanzierten Gegner ist. Wir glauben, dass wir bei den folgenden Verfahren letztlich erfolgreich sein werden und dass dieses erste Urteil nur ein vorübergehender Zustand ist, bis andere Gerichte die Argumente im Rahmen einer umfassenderen Betrachtung von Rechten und Auswirkungen prüfen.“
Über Quad9
Quad9 ist ein kostenloser Dienst, der die Standardkonfiguration Ihres ISPs oder Ihres Unternehmens für Domain Name Server (DNS) ersetzt. Wenn Ihr Computer eine beliebige Internet-Transaktion durchführt, die das DNS nutzt (und das geschieht bei den meisten Transaktionen), blockiert Quad9 die Abfrage bösartiger Host-Namen aus einer minutenaktuellen Liste von Bedrohungen. Diese Blockierung schützt Ihren Computer, Ihr mobiles Gerät oder IoT-Systeme vor einer Vielzahl von Bedrohungen wie Malware, Phishing, Spyware und Botnets und kann neben der Gewährleistung des Datenschutzes auch die Leistung verbessern. Der Quad9 DNS-Dienst wird von der in der Schweiz ansässigen Quad9 Foundation betrieben, deren Ziel es ist, ein sichereres und stabileres Internet für alle zu schaffen. Quad9 ist eine Non-Profit-Organisation, deren Betriebsbudget vollständig aus Fördermitteln und Spenden stammt. Um für die Sache von Quad9 zu spenden, besuchen Sie bitte diesen Link. Für weitere Informationen besuchen Sie bitte https://www.quad9.com.
Über GFF
Die GFF (Gesellschaft für Freiheitsrechte) ist eine 2015 gegründete gemeinnützige NGO mit Sitz in Berlin. Ihr Ziel ist es, eine nachhaltige Struktur für eine erfolgreiche strategische Prozessführung im Bereich der Menschen- und Bürgerrechte in Deutschland und Europa aufzubauen.
Die aktuellen Fälle der GFF konzentrieren sich auf den Schutz der Privatsphäre, die Informations- und Pressefreiheit sowie die Verteidigung der gleichberechtigten Freiheit für alle. Diese Bereiche stellen kritische Herausforderungen für die Grundrechte dar und bieten daher Möglichkeiten für strategische Rechtsstreitigkeiten. Das langfristige Ziel der GFF ist es, den Schutz der Menschen- und Bürgerrechte in Europa dauerhaft zu verbessern. Für weitere Informationen besuchen Sie bitte https://freiheitsrechte.org/english/.
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